Dramatisch. Historisch. Bittersüß.

Die Handballfrauen von Borussia Dortmund und ihr mühsamer Weg zur ersten Deutschen Meisterschaft.

16. Februar 2019 - Der Coup I

Die Verpflichtung von Kelly Dulfer wird bekanntgegeben.

Der Verein sichert sich mit der Niederländerin die Dienste einer absoluten Weltklassespielerin für die Defensive. Nach zwei Jahren im Trikot von København Håndbold kehrt die ehemalige Oldenburgerin damit in die Bundesliga zurück.

„Diese Verpflichtung ist für uns keine Selbstverständlichkeit. Kelly ist unsere Wunschspielerin. Sie war vom ersten Moment an von unserem sportlichen Konzept überzeugt. Wir freuen uns, dass sie nun für mindestens zwei Jahre „Borussin“ sein wird“, beurteilt Andreas Bartels aus dem BVB-Abteilungsvorstand den hochkarätigen Neuzugang.

9. April 2019 - Der Coup II

Die Verpflichtung von Inger Smits wird bekanntgegeben.

Nach Dulfer angelt sich der BVB mit Smits die nächste Spitzenspielerin aus den Niederlanden. Sie kommt vom Team Tvis Holstebro aus Dänemark in den Ruhrpott.

„Wir freuen uns wahnsinnig über die Verpflichtung einer spielstarken und torgefährlichen Spielerin. Und unser Trainer Gino Smits freut sich darüber hinaus sicherlich auch noch, zukünftig seine Tochter im Team zu haben“, sagt BVB-Abteilungsvorstand Andreas Heiermann.

4. Juni 2019 - Der Neustart

André Fuhr übernimmt die Mannschaft von Gino Smits. "Für uns ist André der Trainer, der am besten zu Borussia Dortmund passt. Zum einen wegen der Erfahrung, zum anderen wegen der Kontinuität", sagt BVB-Abteilungsleiter Andreas Heiermann.

Wenige Tage zuvor ist Fuhr noch Trainer des TuS Metzingen, löst dort seinen Vertrag aber auf.

Für viele kommt der Wechsel als Überraschung, intern war eine Trennung von Smits allerdings unvermeidbar. Zu groß waren die Differenzen.

8. September 2019 - Der Traumstart

In die Saison 2019/20 startet der BVB mit 34:0 Punkten.

Furios beginnt die Mission "Meisterschaft". Auch wenn es in Dortmund niemand offen ausspricht, der Titel soll her. Schon zum Auftakt in Oldenburg gelingt ein Kantersieg mit 13 Toren Differenz.

22. September 2019 - Die Duftmarke

Beim Serienmeister Thüringer HC zeigt Borussia Dortmund, aus welchem Holz es geschnitzt ist.

Der knappe 26:25-Erfolg beim siebenfachen Champion am dritten Spieltag ist ein klares Zeichen in Richtung der Konkurrenz aus Bad Langensalza und Bietigheim. Fortan spielt sich der BVB in einen Rausch und ist nicht mehr zu stoppen.

29. Dezember 2019 - Die Demonstration

Der amtierende Meister aus Bietigheim wird in Wellinghofen aus der Halle geschossen.

Nach einer von Nervosität geprägten Anfangsphase kommt der BVB-Express so richtig ins Rollen und hat zur Pause bereits 20 Tore erzielt.

Im zweiten Durchgang sind die Schützlinge von André Fuhr nicht mehr zu bremsen und spielen sich vor einem begeisterten Publikum in einen Rausch.

Am Ende erzielen gleich sechs Spielerinnen mindestens vier Treffer, Dortmund gewinnt fast schon mühelos mit 38:32 und setzt sich verlustpunktfrei an der Tabellenspitze fest.

"Die Wahnsinns-Kulisse hat uns getragen. Heute konnte man sehen, wie attraktiv Frauen-Handball sein kann."

André Fuhr

Trainer Borussia Dortmund

29. Februar 2020 - Der Knick

In Metzingen wird das erste und einzige Mal verloren.

Bis dato ohne Punktverlust muss das Team von André Fuhr bei der TuS Metzingen mit Alina Grijseels (Bänderriss und Knochenödem im Fuß) und Kreisläuferin Merel Freriks (Außenbandverletzung) auf gleich zwei wichtige Leistungsträgerinnen verzichten.

Die Öschhalle ist für ihre hitzige Atmosphäre bekannt. An diesem Abend reichen Qualität und Kraft nicht aus. Die Borussinnen verlieren die Partie mit 24:28. Mit Hinblick auf die künftigen Geschehnisse stellt die Niederlage einen entscheidenden Wendepunkt dar.

18. März 2020 - Der Schock

Aufgrund der Corona-Pandemie muss die Saison abgebrochen werden.

Als Grund nennt die HBF in ihrer Pressemitteilung "die sich zuspitzende Situation das Corona-Virus betreffend". Weil sich die Vorschriften der Behörden täglich verschärfen, sei bis mindestens Ende April kein regulärer Trainingsbetrieb möglich, heißt es in der Mitteilung. "Auch für die Zeit danach gibt es noch keinerlei Gewissheit."
Die Liga verweist auf Baden-Württemberg, das als erstes Bundesland Veranstaltungen generell bis auf Weiteres verboten habe. Eine entsprechende Verordnung gelte Stand jetzt bis Mitte Juni.

Für die HBF stehe "die Gesundheit der Bevölkerung, der Spielerinnen sowie aller darüber hinaus am Spielbetrieb beteiligten Personen im Vordergrund". Über die Vergabe der internationalen Startplätze soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.  "Geisterspiele" lehnen die Vereine aufgrund der damit verbundenen Einnahmeverluste ab.

"Schon jetzt stehen die 14 Erst- und 16 Zweitligisten im Hinblick auf die kommende Saison vor enormen, nie dagewesenen wirtschaftlichen Herausforderungen", heißt es in der Mitteilung.

Christoph Wendt, HBF-Geschäftsführer

17. April 2020 - Der Skandal

Die HBF vergibt im Vergleich zur HBL, der Männer-Bundesliga, keinen Titel.

Auf Grundlage des Bundesratsbeschlusses des Deutschen Handballbundes (DHB) hat die HBF ihre Entscheidungen zur Wertung der abgebrochenen Saison getroffen sowie die damit verbundenen Regelungen für die kommende Spielzeit aufgestellt.

In der Saison 2019/20 wird kein Deutscher Meistertitel vergeben. Maßgeblich für diese Entscheidung war, dass zum Zeitpunkt des Abbruchs noch fast ein Drittel der Saison zu spielen war und unter anderem auch das direkte Duell zwischen dem Tabellenzweiten SG BBM Bietigheim und Tabellenführer Borussia Dortmund in der MHP-Arena Ludwigsburg ausstand.

Alle Entscheidungen wurden vom dafür zuständigen Gremium bestehend aus dem HBF-Vorstand und der Spielleitenden Stelle getroffen.

Der Ligaverband betont in seiner Stellungnahme: "Mitglieder des Vorstandes waren bei Entscheidungen, die ihren eigenen Verein direkt oder indirekt betreffen, von der Stimmabgabe ausgeschlossen."

22. April 2020 - Die Fehde

Die BVB-Spielerinnen äußern sich auf Social Media deutlich zur HBF-Entscheidung.

Um 19:09 Uhr postet der gesamte Kader bei Instagram ein Foto, auf dem die jeweilige Spielerin auf ihrer Autogrammkarte mit einem Bart zu sehen ist. Im Fokus der Kritik steht Andreas Thiel. Der Jurist ist Teil des Liga-Vorstands und verantwortlich für die Entscheidung, dass die HBF keinen Titel vergeben hat.

"Wenn man bei den Männern einen Meister kürt und bei den Frauen nicht, dann habe ich da unterschiedliche Wertschätzungen der Sache. Und wenn ich die habe, dann habe ich da eine Diskriminierung von Frauen", sagte Abteilungsleiter Andreas Heiermann den Ruhr Nachrichten.

"Wäre ich ein Mann,
wäre ich jetzt Deutscher Meister."

11. Juli 2020 - Die Vorbereitung

Der Blick geht bei den Handballerinnen von Borussia Dortmund nach vorne. Verdaut ist die noch lange diskutierte Entscheidung des nicht vergebenen Meistertitels trotzdem nicht. Das wird sie auch nie werden, sagen die Verantwortlichen später.

Stattdessen ist die Nichtvergabe die größte Antriebskraft für das Team in der Vorbereitung auf die kommende Spielzeit.

Der Fokus liegt darauf, sich den Lohn für die monatelange Arbeit der abgebrochenen Saison 2019/2020 zu holen. Nun, ein Jahr später, soll endgültig die Deutsche Meisterschaft her.

Darauf schwört sich die Mannschaft im Dortmunder Hotel 'L'Arrivée' ein.

5. September 2020 - Die neue Saison

Leere Ränge bestimmen das Bild in der neuen Spielzeit.

Es sind außergewöhnliche Zeiten – auch in der Handball-Bundesliga Frauen. Nach dem Abbruch der Saison 2019/20 im Frühjahr hat die Corona-Pandemie die Liga komplett im Griff.

„Die Vorbereitung war für alle Seiten mit viel Unsicherheit und deutlichen Einschränkungen verbunden, nicht nur aus sportlicher Sicht. Die vergangenen Wochen haben den Verantwortlichen der Vereine und auch uns als Liga viel abverlangt“, sagt Christoph Wendt, Geschäftsführer der Liga.

Beinahe alle Spiele müssen von da an ohne Zuschauende stattfinden. Leere Ränge bestimmen das Bild der Bundesliga – auch in Dortmund.

In der Champions League sind zu Beginn der Saison in Dortmund bis zu 200 Zuschauer zugelassen, in der Sporthalle Wellinghofen gibt es zahlreiche leere Reihen und Masken zum Schutz vor dem Coronavirus sind auch in der Handball-Bundesliga der Alltag.

20. September 2020 - Der Rückschlag

Spielmacherin Delaila Amega erleidet im CL-Spiel gegen Brest einen Kreuzbandriss. Borussia Dortmund macht die ersten Schritte in der Champions League, der europäischen Königsklasse.

Eine Premiere in der langen Vereinsgeschichte. Dass es gegen Brest Bretagne eine Lehrstunde (29:41) gibt, wird aber zur absoluten Nebensache.

Delaila Amega landet nach einem Sprungwurf in der 21. Minuten unglücklich auf ihrem rechten Fuß und knickt dabei um. Mit schmerzverzerrtem Gesicht liegt sie am Boden.

Einen Tag später erhält sie, ausgerechnet an ihrem 23. Geburtstag, die bittere Diagnose: Kreuzbandriss im rechten Knie.

Der zweite in ihrer jungen Karriere, nachdem sie sich bereits 2020 das linke Kreuzband riss. „Das ist richtig bitter“, kommentiert Trainer André Fuhr die schockierende Diagnose.

Die niederländische Spielmacherin wird in dieser Saison kein Spiel mehr für Borussia Dortmund bestreiten und fortan ihre Zeit mit Rehabilitation und Anfeuern von der Tribüne aus verbringen.

Was zu diesem Zeitpunkt niemand weiß: Es ist das letzte Mal, dass Amega das Trikot von Borussia Dortmund getragen hat. Dieser Tag ist gleichbedeutend mit dem Ende ihrer Laufbahn.

30. Oktober 2020 - Das Ausrufezeichen

In Bietigheim gewinnt der BVB beim schärfsten Kontrahenten deutlich.

Das Duell der beiden Spitzenteams bekommt mit einer TV-Übertragung die Bühne, die es verdient hat. Wie ein Orkan fegen die Borussinnen in der Anfangsphase über ihren hoffnungslos überforderten Gegner hinweg.

Bereits nach gut 20 Minuten führt Dortmund mit sieben Treffern, die Gastgeberinnen sind chancenlos. Das Tempospiel der Fuhr-Sieben und die grandiose Defensive sind für die SG BBM an diesem Tag eine Nummer zu groß.

Auch nach der Pause geben die Schwarzgelben eindeutig den Ton an. Teilweise vergrößert sich der Vorsprung auf bis zu acht Treffer. Am Ende reicht es zu einem absolut ungefährdeten 28:22-Erfolg.

4. November 2020 - Der Bruch

In Buxtehude scheidet der BVB unverhofft aus dem Pokal aus.

Borussia Dortmund ist Anfang November das Maß aller Dinge im nationalen Frauenhandball. In der Liga marschiert das Team von André Fuhr verlustpunktfrei durch die Liga, im DHB-Pokal gibt es dann aber die böse Überraschung. Gegen den Buxtehuder SV verliert der BVB im Achtelfinale mit 25:26.

„Ich gratuliere Buxtehude zum verdienten Einzug ins Viertelfinale. Der BSV hat das Weiterkommen heute genau so verdient, wie wir es verdient haben auszuscheiden“, sagt Dortmunds Trainer André Fuhr.

Das Sportliche gerät beim BVB in den Tagen danach in den Hintergrund. Inger Smits und Kelly Dulfer dürfen nicht zum anschließenden Champions-League-Spiel beim europäischen Spitzenteam Györi nach Ungarn mitreisen.

Es ist eine disziplinarische Maßnahme, weil Smits während einer Auszeit beim Pokalspiel in Buxtehude eine Anweisung von Fuhr kommentiert.

Als die Sportliche Leitung um Andreas Heiermann und Andreas Bartels die beiden Rückraumspielerinnen zum Gespräch bittet, wird deutlich, dass eine langfristige Zusammenarbeit nicht möglich ist, wie Heiermann im Sommer 2021 verrät: „Es gab dann ein Gespräch mit den beiden, Andreas Bartels und mir. Da haben sie uns mitgeteilt, dass Dortmund ein super Klub ist, sie aber beide nicht mehr mit André Fuhr zusammenarbeiten möchten. (…) Wenn die beiden nicht mit André Fuhr zusammenarbeiten möchten, das haben wir relativ früh gesagt, dann geht es in Dortmund nicht weiter.“

Es ist der endgültige Bruch zwischen Inger Smits, Kelly Dulfer und BVB-Trainer André Fuhr.

28. Januar 2021 - Das Interview

Kelly Dulfer schießt in den niederländischen Medien gegen Trainer André Fuhr.

In Dortmund rumort es. Das Weltklasse-Duo Kelly Dulfer und Inger Smits wird Borussia Dortmund im Sommer verlassen, das geben die Verantwortlichen Ende Januar bekannt.

Am 28. Januar gibt es gleich den doppelten Knall: der größte Konkurrent des BVB, die SG BBM Bietigheim, verkündet die Verpflichtung von Dulfer auf der eigenen Homepage.

Beinahe zeitgleich erscheint ein Artikel in den niederländischen Medien, in dem Dulfer gegen Trainer André Fuhr austeilt.

„Es fühlt sich jetzt gut an, dass ich weiß, dass ich am Ende der Saison hier weg bin", sagt Dulfer zum Portal „NOS“.

Sie moniert andere Ansichtsweisen auf taktische Fragen im Training, aber auch bei Spielen, und macht deutlich, dass Fuhr aus ihrer Sicht nicht gut mit Spielerinnen umgehen könne, die eine eigene Meinung haben.

Die Verantwortlichen des BVB sind davon enttäuscht.

„Für uns ist es sehr traurig, wie sie jetzt mit dem Verein und dem Trainer umgeht. Sie gefährdet die Deutsche Meisterschaft und nachhaltig die Handball-Abteilung von Borussia Dortmund“, sagt Andreas Heiermann. „Sie schädigt ja nicht nur den Verein alleine, sondern das ganze Team.“

Eine Suspendierung und eine vorzeitige Trennung stehen im Raum. Am Ende äußert Dulfer ihr Bedauern vor der Mannschaft. Trainer André Fuhr, der die Entschuldigung akzeptiert, lässt sie weiterhin im Team.

„André Fuhr hat für mich Größe bewiesen, dass er den Weg sucht, mit der Spielerin klarzukommen“, sagt Heiermann. Fuhr belässt es professionell: „Ich bin vor allem auf das Sportliche fokussiert."

"Wenn die beiden nicht mit André Fuhr zusammenarbeiten möchten, das haben wir relativ früh gesagt, dann geht es in Dortmund nicht weiter."

Andreas Heiermann

Abteilungsleiter Handball Borussia Dortmund

11. März 2021 - Das internationale Chaos

Borussia Dortmund tritt nicht zu den Spielen im Achtelfinale der Champions League gegen Metz Handball an. Dem Klub ist die gesundheitliche Gefahr zu groß, weil die Franzosen nicht mit offenen Karten spielen.

Der Ärger ist entsprechend groß.

Eigentlich lief die Premiere in der Königsklasse für den BVB sehr solide. Das Team verkaufte sich gut und zieht – bedingt durch eine Regeländerung – genauso wie alle anderen Teams in die Runde der letzten 16 ein. Dort wäre der Gegner Metz Handball gewesen, doch die Borussia tritt nicht zu den Spielen an.

Der Grund: In Metz gibt es einen Coronafall über den die Franzosen zunächst niemanden informieren. Erst als die Dortmunder Verantwortlichen Bewegung in die Thematik bringen, erfährt die Europäische Handball Föderation (EHF) von der infizierten Spielerin.

Die Situation ist chaotisch und sorgt für sorgenvolle Minen in Dortmund. Spielerinnen und Funktionäre möchten aus Sorge vor einer Infizierung nicht nach Frankreich reisen, der BVB bleibt schließlich in Dortmund. In Metz sind die Verantwortlichen darüber erbost. Die EHF wertet die Partie gegen die Borussia. Der Klub muss eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro berappen, außerdem 140.000 Euro als Kaution für die kommende Saison hinterlegen.

„Das ist für mich ein Sportskandal, deshalb reisen wir nicht an. Wir haben Verantwortung für die Gesundheit unserer Spielerinnen und unseres Staffs“, macht BVB-Handballchef Andreas Heiermann seine Wut deutlich. „Wichtig ist für mich die Gesundheit.“

Nebenkriegsschauplätze, auf die man getrost verzichten könnte, um den Fokus auf das eigentliche Ziel - die Deutsche Meisterschaft - nicht zu verlieren.

31. März 2021 - Die Vorentscheidung

Ende März wird das Topspiel gegen den Hauptkonkurrenten aus Bietigheim gewonnen.

Anders als in der Hinrunde ist es eine hart umkämpfte Partie. Der Verfolger aus dem Süden wirft alles in die Waagschale, die Abwehr sorgt für einige Ballverluste des BVB und so führen die Gäste nach 30 Minuten knapp mit 17:16. Der Spitzenreiter und klare Favorit kommt ins Wanken.

Die Strapazen der letzten Wochen, vor allem mentaler Natur, sind den Dortmunderinnen eindeutig anzumerken.

Auf der Mannschaft lastet zu diesem Zeitpunkt ein unfassbarer Druck, fernab des Sportlichen. Die Spielerinnen rappeln sich aber ein weiteres Mal auf.

Ihr schier unbändiger Wille sorgt dafür, dass die Truppe von André Fuhr die Begegnung dreht und am Ende mit 30:28 gewinnt.

2. April 2021 - Die Quarantäne I

Die Mannschaft muss nach einem Corona-Fall in Bietigheim in Quarantäne.

Das Spitzenspiel wird gewonnen und man ist so nah wie bisher noch nie an der Deutschen Meisterschaft.

Zwei Tage nach dem Spiel gegen Bietigheim dann der Schock für den BVB: Das gesamte Team muss in Quarantäne, weil eine Bietigheimer Spielerin positiv auf das Coronavirus getestet worden ist.

Eine erste Testreihe beim BVB fällt negativ aus, dennoch steht erstmal fest: mindestens die nächsten beiden Spiele werden ausfallen. Es ist das zweite Mal in dieser Spielzeit, dass das Team in Quarantäne muss. Bereits im November sorgten Corona-Fälle nach dem Spiel bei Györi in Ungarn dafür.

Borussia Dortmund trauert um
Andreas Bartels

6. April 2021 - Die Trauer

In der Nacht zu Ostermontag stirbt Andreas Bartels nach schwerer Krankheit. Der Sportliche Leiter von Borussia Dortmund wird 57 Jahre alt, die gesamte Handball-Abteilung des BVB ist tief erschüttert.

Andreas Bartels ist das Gesicht hinter der Mannschaft und dem Erfolg von Borussia Dortmund. Seit 2014 unterstützte er den Klub als Sponsor, ab 2017 war er stellvertretender Abteilungsleiter der Handballerinnen.

Er stellte den Kader des Teams zusammen, war für alle Transfers verantwortlich und hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem Experten im Frauenhandball hochgearbeitet.

„Für mich“, betont Andreas Heiermann einen Tag nach Bartels Tod, „ist Andreas Bartels längst Deutscher Meister. Deutscher Meister der Sportlichen Leiter.“

Einen Monat nach Bartels Tod spielt der BVB das erste Mal wieder in der Bundesliga. Die Mannschaft gedenkt ihm in einer Schweigeminute.

Der BVB teilt mit: "Wir werden Andreas Bartels ein ehrendes Andenken bewahren und den aktuellen sportlichen Erfolg in seinem Namen weiterführen."

19. April - Die Quarantäne II

Die Mannschaft muss erneut in Quarantäne.

Trainer André Fuhr, Außenspielerin Tina Abdulla und Rückraumspielerin Laura van der Heijden werden positiv auf das Coronavirus getestet. Zur Erleichterung aller mit lediglich milden Symptomen.

Das restliche Team hat die Quarantäne verlassen und muss nun – wenige Tage später – erneut in häusliche Isolation. Die Spanierin Jennifer Gutiérrez Bermejo ist positiv getestet worden.

„Wir hoffen, dass alle gesund bleiben – vor allem wünschen wir Jennifer gute und schnelle Besserung“, sagt BVB-Chef Andreas Heiermann.

Anstatt die letzten notwendigen Punkte für die erste Deutsche Meisterschaft zu holen, müssen die Spielerinnen also erneut in Quarantäne. Ausgenommen davon sind lediglich Johanna Stockschläder, die bei der Nationalmannschaft weilt, sowie Alina Grijseels, die nicht am Mannschaftstraining teilgenommen hat.

8. Mai - Die Erlösung

Mit einem Sieg beim SV Union Halle-Neustadt sichert sich der BVB vorzeitig den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte.

"Das ist Wahnsinn und für mich persönlich etwas ganz Besonderes, vom Aufstieg bis zur Meisterschaft alles mitgemacht zu haben. Ich bin wahnsinnig stolz darauf, das geschafft zu haben", sagt eine hoch emotionalisierte Spielführerin Alina Grijseels im Anschluss.

22. Mai 2021 - Die Krönung

Nach dem Heimsieg gegen Neckarsulm ist Kapitänin Alina Grijseels die erste Borussin in der Geschichte, der es vorbehalten ist, die Meisterschale in die Höhe zu halten.

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25. Mai 2021 - Der Rekord

In Blomberg beendet der BVB die Saison ohne Verlustpunkt.

30 Spiele, 30 Siege, kein einziger Verlustpunkt. Historisch.

Noch nie zuvor hat ein Team in der Handball-Bundesliga Frauen 30 Spiele innerhalb von nur einer Spielzeit gewonnen. Zwar merkt man dem Team in Ostwestfalen die mentalen und physischen Strapazen der vergangenen Wochen und Monate an, doch die Mannschaft bringt die letzten 60 Minuten souverän über die Bühne. Wie ein Spitzenteam. Die mit Abstand meisten geworfenen Tore (1029), die wenigsten kassierten (687) und dazu 60 Punkte geholt.

„Wir haben eine sensationelle Saison gespielt, über 1000 Tore geworfen. Das ist rekordverdächtig“, sagt Trainer André Fuhr nach dem Spiel.

Sich selbst wahr machen, was sie geleistet haben, konnten die Spielerinnen mit dem Abpfiff aber noch nicht. „Das braucht einfach noch ein bisschen Zeit, um zu realisieren, was wir da wirklich erreicht und geschafft haben“, sagt Kapitänin Alina Grijseels, die 2014 mit Borussia Dortmund noch aus der 2. Bundesliga in die erste Liga aufstieg und nun die erste Meisterschaft sowie die perfekte Saison feiert.

Eine historische Spielzeit wird so historisch beendet. Mit dem BVB als verlustpunktfreiem Deutschen Meister. Es ist ein bittersüßer Titel. Mit viel Drama. Und für die Geschichtsbücher...